Ausstellung

Ukrainische Grafik

Anastasiya Nesterova / Ira Gvozdyk

Zwei aktuelle Positionen

Laufzeit
10. Juni 2022 - 11. September 2022

Die Ausstellung speist sich zum einen aus den in Kiew vor März 2022 entstandenen Arbeiten von Ira Gvozdyk (geb. 1983), die sie nachträglichen aus Kiew mit Hilfe ihrer Familie nach Deutschland geholt hat und sehr aktuellen Druckgrafiken, die in den letzten Wochen an unterschiedlichen Orten hier in Deutschland entstanden sind. Und zum anderen wird die Ausstellung auf das Beste ergänzt durch die Arbeiten von Anastasiya Nesterova (geb. 1979), die zur Welt gekommen in Sewastopol auf der Krim und nach Studium in Odessa schon seit 2005 in Deutschland lebt und arbeitet. Zwei Positionen also, die über eine sehr weite Entfernung hinweg hier im FARB zusammenfinden und die Besuchenden einladen, diese Entfernung ebenso zu überwinden, das Gemeinsame zu entdecken und daran Anteil zu nehmen.

Anastasiya Nesterova, Fahrwasser, 2021, Farbholzschnitt auf Büttenpapier, 67 × 97 cm
Ira Gvozdyk, Blume, 2022, Holzschnitt
Ira Gvozdyk, Großmutter, 2019, Radierung, Prägedruck, Stickerei

Fremd und doch vertraut sind die Bildwelten von Ira Gvozdyk. Unmittelbar zugänglich sind uns – natürlich – Windmühlen, Fische, Pflanzen-Bilder. Weiter entfernt - weniger geografisch als historisch - wirken die von Stickereien oder Webereien inspirierten bildfüllenden Muster, die kräftig-farbigen Stickblumen oder auch die Trachten-Bilder. Die formalen und motivischen Verbindungen zur ukrainischen Volkskunst und Alltagskultur sind für die Künstlerin zentral und haben um Zusammenhang mit den geopolitischen Entwicklungen seit der Unabhängigkeit der Ukraine von Russland 1991 zugleich auch eine eminent nationale Dimension, die von der Künstlerin auch selbst betont wird. In ihren Grafiken verbindet Gvozdyk Muster von Teppichen und Stoffen ihrer Kindheit, transformiert die Sticktechnik in zum Teil moderne Pixel-Bilder und kombiniert verschiedenste Drucktechniken zu einem sehr modernen Erzählen über Herkunft, Heimat und Identität.

Anastasiya Nesterova lebt bereits 17 Jahre in Deutschland. Dennoch sind die persönlichen Verbindungen in die erste Heimat eng. In der Ausstellung sind zwei Werkgruppen vertreten: Eine Wiederholung des Roten Zimmers der Dinge (Installation anlässlich des Turmstipendiums in Geldern 2021) und abstrakte Landschaften. Im Roten Zimmer der Dinge haben eine Vielzahl von Dingen, die vergessen, abgelegt oder verloren gegangen waren, nun einen neune Ort erhalte. Metaphorisch stehen sie für das Nicht-Fassbare: Ewigkeit und Flüchtigkeit, Schein und Sein, Erinnerung. Eine dritte Transformation erleben die Objekte in ihren gedruckten Einzelporträts, sie werden zu bildförmigen Spuren und gedruckten Erinnerungen: eine kleine Encyklopädie von Sachen. Landschaften sind das zentrale Sujet in Nesterovas Schaffen. Sie nehmen eine vergleichbar wichtige Stellung ein wie die Teppiche und Stickereien in Ira Gvozdyks Werk. Sie zeigt keine Idyllen, sondern stille Momente der Ruhe, in denen Zurückgelassenes, Benutztes und Konstruiertes wieder Teil der Natur werden. Nicht alles zeigt sie dabei, sondern abstrahiert und transformiert so weit, dass die Perspektiven sich weiten und Topografien unwichtig werden.

Plakat der Ausstellung